Deutschland im Anlagenotstand

Deutschland im Anlagenotstand

Anlagenotstand Deutschland

Viele Anleger finden im Nullzinsniveau keine attraktiven Anlagen mehr

Die deutschen Kapitalanleger sind in Not. Viele fragen sich, ob es überhaupt noch einigermaßen sichere Anlageformen gibt, mit denen zumindest so viel Rendite erwirtschaftet werden kann, damit die Inflationsrate ausgeglichen wird. Sprich wenigstens die Kaufkraft des Geldes erhalten bleibt. Ich berate viele Menschen in der Geldanlage und höre mindestens täglich einmal den Spruch: „Was lohnt sich denn noch?“.

Gibt es also keine Anlageformen mehr, mit denen – ohne allzu große Risiken einzugehen – eine vernünftige Rendite erzielt wird. Das Wichtigste schon vorab: Es gibt noch Geldanlagen, die sich auch für etwas sicherheitsorientierte Anleger lohnen. Ich mache den Praxistest und beleuchte in den nächsten Wochen verschiedene Investmentmöglichkeiten und sage Ihnen, welche Produkte rentieren sich noch für die Geldanlage und wovon lassen Sie besser die Finger.

In der heutigen Ausgabe wollen wir aber erst einen Blick auf den aktuellen Kapitalmarkt werfen, wie es überhaupt so weit kommen konnte.


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Der Hintergrund

1991 begann ich mit meiner Bankausbildung. Als Azubi wurde ich schnell am Schalter eingesetzt. Das kam mir persönlich auch entgegen, da ich am liebsten direkt mit Menschen arbeite. Damals war Festgeld das beliebteste Anlageprodukt. Bei einer Laufzeit von einem Monat wurden bis über 8% an Zinsen bezahlt. Und das von einer Genossenschaftsbank mit einer soliden Bilanz. Für Aktien oder andere Anlageformen interessierten sich nur wenige. Warum auch, wenn für – aus damaliger Sicht – 100% sichere und schnell verfügbare Anlageformen solche Traumrenditen bezahlt wurden.

Nach der Jahrtausendwende startete ich mein BWL-Fernstudium. Die Fächer Betriebs- und Volkswirtschaft vielen mir als Banker natürlich leicht. Wenn ich heute einen Blick in die Lernunterlagen werfe ist dort so gut wie nichts zu finden, dass Zinsen – der Preis für das Leihen von Geld – auch negativ sein können. Warum auch soll jemand noch etwas dafür bekommen, wenn er sich von einem andere etwas leiht und mit diesem Gut auch arbeiten kann.

Erste Negativzinsen in der Schweiz

Die Schweiz führte in den 1970 Jahren als (m.W.) erstes Land einen Negativzins von 2,0% (pro Quartal!) auf Guthaben ein, die aus dem Ausland zugeflossen waren. Damit sollte verhindert werden, dass zu viel Spekulationskapital in die Eidgenossenschaft übertragen wird. Diese Maßnahme wurde Ende 1979 wieder beendet. In den darauffolgenden Jahren waren Sparer und Anleger – wie eben zu Beginn meiner Bankerlehre – von hohen Zinssätzen verwöhnt. Zwar reduzierte sich das Zinsniveau zunehmend nach unten, die Anlagen auf Tages- oder Festgeldern lohnten sich jedoch immer noch. Gleichermaßen für Kunden wie auch für Finanzdienstleister.

Die Finanzkrise 2008

Auslöser für den akuten Rückgang der Guthabenzinsen war die Finanzkrise, die 2007 in den USA begann und ihren Höhepunkt im September 2008 in der Pleite der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers fand. Zu diesem Zeitpunkt herrschte so große Verunsicherung am Kapitalmarkt, dass kaum eine Bank mehr bereit war Guthaben bei einer anderen Bank anzulegen (sprich einem anderen Kreditinstitut Geld zu leihen). Sparer zogen damals in Scharen ihr Geld von Banken ab und bunkerten es bar zuhause oder legten es bei bodenständigen Genossenschaftsbanken an.

EZB greift steuernd ein

Dieses Austrocknen der Finanzmärkte hätte die damalige Rezession noch deutlich verschärfen können, da Banken immer weniger bereit waren Darlehen zu gewähren. Die Europäische Zentralbank begann damit, in massivem Ausmaß Anleihen am Kapitalmarkt aufzukaufen. Mit dieser Methode wurde erfolgreich verhindert, dass Banken ihre Einlagen in Anleihen investieren, statt mit Krediten die Wirtschaft anzukurbeln.

Zinssätze für Baufinanzierung mit 10-jähriger Laufzeit

Zinssätze für Baufinanzierungen mit 10-jähriger Laufzeit; Quelle: ehyp.de

Im Umkehrschluss führte dieses Anleihen-Aufkaufprogramm dazu, dass die Zinsen weiter nach unten fielen. Mit dem schönen Nebeneffekt für Staaten, die sich darüber immer günstiger am Kapitalmarkt finanzieren konnten. Für die Stabilität des Euros war dies auch dringend notwendig. Nicht auszudenken, wenn neben der kleinen Volkswirtschaft Griechenlands auch größere Länder wie Italien oder Spanien pleite gegangen wären.

Immobilienpreise legten deutlich zu

Der Umstand, dass für sichere Anlagen kaum noch nennenswerte Guthabenzinsen bezahlt wurden resp. Darlehen sehr günstig waren führte dazu, dass viele Menschen in Immobilien investierten. Die Folge war ein – bis heute anhaltender – massiver Anstieg der Preise für Grundstücke, Häuser und Wohnungen. Vor kurzem bot eine Bank Baufinanzierungen Schuldnern mit bester Bonität für 0,03% an, hat mittlerweile wieder erhöht (übrigens vermittle ich auch Baufinanzierungen – die Topkondition für eine fünfjährige Laufzeit bei 60% Beleihung liegt bei 0,30% p.a.effektiver Jahreszinssatz  – Stand 17.09.2019).

Wie geht es weiter

Ich halte es für äußerst unwahrscheinlich, dass die Zinsen in der Eurozone in den nächsten beiden Jahren nennenswert anziehen. Die Internetplattform Fondsprofessionell berichtete am 17.09.2019, dass der weltweite Gesamtwert von Staatsanleihen mit negativer Rendite mittlerweile mehr als 17,8 Billionen US Dollar ausmacht. Am Jahresanfang belief sich diese Summe noch auf 8,3 Billionen US Dollar.

Die EZB verschärfte in der letzten Woche die Situation noch weiter. Banken müssen nun einen Strafzins von -0,5% statt bislang -0,4% auf ihre Einlagen bei der EZB bezahlen. Außerdem soll das zwischenzeitlich eingestellte Anleihen-Aufkaufprogramm wieder aktiviert werden. Die Währungshüter wollen mit aller Gewalt erreichen, dass mehr Kredite ausgegeben werden, um die stotternde Wirtschaft wieder anzukurbeln. Nicht auszuschließen ist, dass Banken nun auch die höheren Strafzinsen an ihre Privatkunden weitergeben.

Am 18.09.19 tagt die US-Notenbank Federal Reserve. Experten erwarten hier ebenfalls eine Zinssenkung. Spannend ist, welchen Ausblick die Notenbanker für die nächsten Monate geben. Auch hier wird mit weiterem Zinssenkungspotential gerechnet. Falls dieser Eindruck jedoch nicht erweckt wird besteht auch Rückschlagpotential an den Aktienmärkten.

Fazit

Die Zinsen bleiben im Keller, sogar weitere Rückgänge sind nicht auszuschließen. Als Anleger muss man trotzdem nicht verzagen. Es gibt auch heute noch Anlageformen, die eine Rendite in Höhe der Inflationsrate erzielen, ohne allzu große Risiken einzugehen. Welche das sind, lesen Sie in meinem nächsten Blogbeitrag. Abonnieren Sie meinen „Ruhestandsbrief“ – kostenfrei, aktuell und jederzeit abbestellbar.

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